Mittelstand - Start im Baucontainer

Start im Baucontainer

Der Weißenfelser Sören Gerth war nach der Wende einer der jüngsten Existenzgründer in Sachsen-Anhalt. Nun besteht sein Unternehmen seit 30 Jahren.

VON ANDREAS RICHTER

WEISSENFELS/MZ – Ein wenig war es ihm wohl schon in die Wiege gelegt, dass er später mit Wohnwagen und Wohnmobilen handeln sollte. „Mit meinen Eltern habe ich oft auf dem Campingplatz Urlaub gemacht, an der Ostsee, in Tschechien oder anderswo“, erzählt Sören Gerth.

Heute ist der gebürtige Weißenfelser 50 und kann auf eine 30-jährige Geschichte seines Unternehmens zurückblicken. Dabei war Sören Gerth im Sommer 1992 mit 19 Jahren einer der jüngsten Existenzgründer in Sachsen-Anhalt. „Nach der Wende war Aufbruchstimmung und ich wollte etwas Eigenes auf die Beine stellen“, erinnert sich Gerth, der bei Carl Zeiss in Jena als Feinmechaniker ausgebildet wurde. Bei einem Existenzgründerseminar hat er sich das nötige Rüstzeug geholt. Und dann ging er auch schon mit seinem Wohnmobilhandel an den Start. „Ich habe allein in einem Baucontainer angefangen“, blickt Gerth zurück.

Doch schon 1993/94 begann der tatendurstige Unternehmer am Standort Drei Wege mit einem Neubau – mit Laden, Werkstatt, Sozialräumen und ersten Mitarbeitern. Bald wollte sich der Weißenfelser jedoch nicht mehr auf Freizeitmobile beschränken. Als der südkoreanische Autohersteller Kia 1993 einen Markt im vereinten Deutschland aufbauen wollte, wurde Sören Gerth, der später noch seinen Kfz-Handwerksmeister gemacht hat, einer der ersten Kia-Händler im Land.

Auch in den folgenden Jahren war Stillstand Gerths Sache nicht. Spätestens Mitte der 2000er Jahre platzte sein Unternehmen aus allen Nähten. Und so entstand zwischen 2006 und 2008 auf Sichtweite ein zweiter Standort an der Selauer Straße. Rund eine Million Euro hat der Unternehmer seinerzeit investiert. An den Drei Wegen handelt er seitdem mit Pkw, unübersehbar ist an der Selauer Straße das zweistöckige gläserne Gebäude – der Handelsplatz für Wohnwagen und -mobile. Was heute kaum einer mehr weiß: Der Neubau wurde seinerzeit auf einem ehemaligen Armeegebäude aufgesetzt.

Mittlerweile beschäftigt Gerth an beiden Standorten zusammen zwölf Mitarbeiter, darunter zwei Azubis. In all den Jahren gab es ein Auf und Ab. In den 1990er Jahren war das Interesse an Campingmobilen groß. Später trat – wie so oft – eine gewisse Sättigung ein. Noch gut kann sich der Händler an das Jahr 2009 erinnern, als der Staat mit einer sogenannten Abwrackprämie den Kauf von Neuwagen puschen wollte. „Da war auch in unserem Autohaus jede Menge los“ sagt er.

Heute verkauft Gerth, dessen Unternehmen sich auch als Förderer zahlreicher Vereine der Region einen Namen gemacht hat, rund 100 Fahrzeuge jährlich. Die Wartezeiten sind recht lang, Lieferengpässe wirken sich aus. Wer sich für ein Freizeitmobil interessiert, muss mit einigen Monaten rechnen. Die Lieferzeit für Pkw mit alternativen Antrieben kann auch dauern. Die letzte Krise ging auch an dem Weißenfelser Unternehmer nicht spurlos vorüber. Wo möglich, hat der umtriebige Chef reagiert. Das Autohaus erhielt eine Wärmepumpenheizung, Fenster, Rolltore und Türen wurden erneuert, das Ersatzteillager aufgestockt.

Sören Gerth ist keiner, der jammert. „Ich bin an jedem Tag mit Volldampf dabei“, sagt der 50-Jährige. Und er kann sich berechtigte Hoffnungen machen, dass sein nunmehr 30 Jahre altes Unternehmen irgendwann auch in der nächsten Generation weitergeführt wird. Zwei Söhne gehören zur Familie, einer ist Elftklässler am Goethegymnasium, der 20-Jährige studiert Kfz-Technik in Wolfsburg. Gemeinsam frönen sie in der Freizeit ihrer Leidenschaft für das Wohnmobil. Im letzten Sommer waren sie unterwegs in Dänemark.